Lassen Sie mich durch, ich bin Baby!

Es ist schon ein wenig bizarr, dass man ausgerechnet die Menschen, die einem am Nächsten sind, überhaupt nicht verstehen kann – zumindest im ersten Lebensjahr. Da sitzt das eigene Kind vor einem und es gibt schlichtweg keine Möglichkeit, mit ihm zu kommunizieren. Selbst mit irgendwelchen schrägen Ureinwohnern im entlegensten Dorf am Amazonas könnte man sich mit Händen und Füßen einigermaßen verständigen, aber das Baby hat lange Zeit nur eine bevorzugte Ausdrucksform, nämlich das Schreien, und man verbringt manchmal Stunden damit zu entschlüsseln, was es bedeuten könnte. Und wenn das Baby nicht schreit, hat man noch viel weniger einen Plan, was in dem kleinen Köpfchen so vor sich geht.

Mir ist es allerdings heute Morgen gelungen, die Gedanken meiner 10 Monate alten Tochter in unsere Sprache zu übersetzen. Es war halb sechs. Ich wollte noch schlafen. Sie nicht. Das ging dann so:

„Ich bin wach. Papa, ich bin wach. Ich will da lang. Zur Nachttischlampe. Ich muss hier durch. Papa, dein Kopf ist im Weg. Oh, ein Auge. Mal drücken. Ey, mein Fuß hängt fest. Lass los! Ich muss weiter! Ah, die Nachttischlampe. Ich muss dahin. Oh, ein Abgrund. Wie schön. Ich muss da runter. Huch, wieso hebt der mich jetzt auf den Boden? Ah, der Nachttisch. Da oben, die Nachttischlampe. Guck mal, ich kann aufstehen. He! Guck mal! Man kann voll toll auf den Nachttisch hauen. Oh, ein Wecker. Runtergefallen. Die Nachttischlampe ist so schön. Ich komm nicht an die Nachttischlampe. Ich muss an die Nachttischlampe. Hah, eine Wasserflasche. Oh, umgefallen. Man kann wirklich voll toll auf den Nachttisch hauen. Das ist so schön laut. Fast so laut wie mein Kreischen. Hör mal, ich kann kreischen. Papa! Kreischen! Oh, Taschentücher. Die müssen hier weg. Runtergefallen. Aber die sind bestimmt lecker. Ich mag Taschentücher. Ich muss da hin. Ich lass mich einfach fallen. Komm her, du blödes Taschentuch. Mh, lecker. Sag ich doch. Kreischen!! Papa! Von hier ist die Nachttischlampe noch schöner. Ich muss zur Nachttischlampe. Von der Seite kommt man dran. Papa, guck mal, ich komm an die Nachttischlampe. Die ist voll schön. Papa! Da kann man auch voll toll drauf … Oh, runtergefallen. Das war aber laut. Hab mich voll erschreckt. Was machen denn die ganzen Glassplitter hier? Oh, Papa steht endlich auch auf. Guten Morgen, Papa!“

7 Kommentare

Kay

Um die Kommunikation zu erleichtern, gibt es Gebärdensprache für Babys. Kein Quatsch. Kenne einige, die so sehr gut mit ihrem Baby kommunizieren können. Google: baby gebärdensprache

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heinzkamke

Irgendwann lernt man, dass es möglicherweise die bessere Strategie wäre, bei der ersten impliziten Aufforderung aufzustehen. Um sie dann Morgen für Morgen aufs Neue zu verwerfen.

Schön geschrieben.

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Tanja

Zum Glück waren meine Kinder in diesem Alter Langschläfer. Eher musste ich sie wecken, als dass sie mich hätten wecken können! 😉

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Silke

🙂 🙂 🙂
Sehr lustig geschrieben!

Um dich noch ein bisschen zu ärgern: Meinen Kleinen muss ich morgens um 7 wecken, wenn es in die Krippe geht (da war er im Alter deiner Tochter auch schon). Am WE schläft er auch schon mal bis um 8 😉

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