Meine Preisaktion bei Amazon

Nachdem mein Roman „Soap“ in den Untiefen von Amazon verschwunden war und kaum mehr Verkäufe generierte, bot mir Johannes Zum Winkel von xtme.de vor einigen Wochen an, dass wir noch einmal mit einer Preisaktion einen Wiederbelebungsversuch unternehmen könnten. Ich ließ mich auf diesen Versuch ein und liefere hier nun einen sehr ausführlichen Bericht über dieses Unterfangen.

 

Das Vorgehen

xtme Soap-Werbung

Am 22.5. senkte ich den Preis für das eBook von „Soap“ von 2,99 Euro auf 99 Cent. Dies kommunizierte ich über meinen Blog und meine Social-Media-Kanäle. Gleichzeitig kommunizierte Johannes die Preisaktion täglich auf seiner Seite xtme.de, wo es zudem einen regelmäßig wiederkehrenden Werbebanner mit der Aktion gab. Einen Tag später wurde zusätzlich ein Gewinnspiel gestartet, bei dem 25 eBooks von „Soap“ gewonnen werden konnten. Der Clou: Die Gewinner würden Gutscheine für Amazon bekommen, also auch durch ihren „Kauf“ für die Verbesserung des Verkaufsrangs sorgen.

 

 

Der Verlauf

Ich war verblüfft, wie gut die Aktion einschlug. In kürzester Zeit gingen die Verkaufszahlen in die Höhe. Schon am Ende des ersten Tages stand „Soap“ plötzlich auf Amazon-Verkaufsrang 464 – dem besten seit dem Erscheinen ein halbes Jahr zuvor. Aber damit war noch lange nicht Schluss: Eine Woche nach Start der Verkaufsaktion – nämlich genau in der Zeit, als zusätzlich die Gewinner ihre Gutscheine einlösten – landete „Soap“ auf einem tollen Rang 110! Danach pendelte sich das Buch so um den Rang 200 ein mit dann wieder steigender Tendenz.

 

Die Verkaufszahlen

Diese nahmen einen gut nachzuvollziehenden Verlauf. An den ersten Aktionstagen lagen sie um die 30 – das war der erste Schub des herabgesetzten Preises und der einsetzenden Werbung auf xtme.de. Dann gingen sie für einige Tage etwas runter auf um die 15. Mit Versenden der Gutscheine ging es dann wieder hoch auf über 30. Diesmal sanken die Verkäufe aber nicht wieder, sondern kletterten beständig weiter. Mit dem Unterschied, dass die Käufer nicht mehr über die Werbeseite xtme.de kamen, sondern offensichtlich auf Amazon selbst generiert wurden. „Soap“ hatte mit Hilfe der Preisaktion die berühmte Sichtbarkeit erlangt und profitierte nun davon.

 

Die Sichtbarkeit

Rang 13 Humor

Aber was ist diese ominöse „Sichtbarkeit“, von der immer alle reden? Was macht sie aus? Ein Verkaufsrang von über 100 kann es nicht sein, denn jenseits der 100 taucht man auf Amazon nicht in den allgemeinen Verkaufscharts auf. Wichtig sind sicherlich die  Verkaufscharts in den einzelnen Kategorien. Bei „Soap“ war das der Humor. Hier ging es in Spitzenzeiten bis auf Platz 13 hoch, später pendelte „Soap“ zwischen 17 und 23.

Ich bin aber der Meinung, dass jegliche Verkaufscharts gar nicht so entscheidend sind. Deutlich wichtiger sind die Beliebtheitslisten. (Den genauen Unterschied zwischen Verkaufscharts und Beliebtheitslisten kann man in Matthias Mattings Selfpublisher-Bibel nachlesen.) Ich bin längst nicht der Einzige, der die Beliebtheit für wichtiger hält – für viele amerikanische Selfpublisher wie z.B. David Gaughran ist dies eine Selbstverständlichkeit. Und es macht auch Sinn, wie mich meine Beobachtungen nun gelehrt haben.

 

Vergesst den Bestseller-Rang! Es geht um Beliebtheit!

Ja, ich würde sogar soweit gehen zu sagen, dass man den Bestsellerrang seines Buches im Prinzip vernachlässigen könnte. Wenn nicht letztlich für beides die Verkaufszahlen die Grundlage wären – es also entscheidende Zusammenhänge gibt. Wieso soll es aber wichtiger sein, wie man bei der Beliebtheit abschneidet, als wo man aktuell in den Verkaufscharts steht? Dafür gibt es zwei wesentliche Gründe:

1. Auf der Amazon-Website gibt es neben den Verkaufscharts diverse andere Seiten, Zeilen oder Rubriken, in denen Bücher präsentiert werden. Einige wichtige davon – wie z.B. „Preishits“ oder die „Top-bewertete Neuheiten“-Zeile auf der Kindle-Startseite werden meinen Beobachtungen nach aus der Beliebtheitsliste gespeist – nicht aus den Verkaufscharts. Und ich würde auch sehr viel darauf wetten, dass die persönlichen Empfehlungen auf der Website und in Newslettern immer die Beliebtheit als Basis nehmen.

2. Was noch entscheidender ist: Der Kindle selbst! Hier gibt es im Shop zwar auch eine Auflistung der Bestseller, aber ALLE anderen dort möglichen Auflistungen – von Stöbern über Neuheiten bis zur für Selfpublisher enorm wichtigen Kindle-Leihbücherei – sind nach Beliebtheit sortiert. Und womit kaufen die meisten Leute ihre Kindle-eBooks?

So überrascht es dann auch nicht, dass die Verkäufe von „Soap“ ab dem Zeitpunkt ohne Hilfe von außen beständig wurden, als ich einen ordentlichen Platz in der Beliebtheitsliste erreicht hatte. Nicht der Rang 110 in den Verkaufscharts brachte es, nein, erst ein Platz in den Top 100 in der Beliebtheit bei Humor wendete Tage später die Verkaufszahlen – während „Soap“ in den Verkaufscharts schon über die 200 abgerutscht war. Ich verstehe natürlich längst noch nicht alle Mechanismen von Amazon und am Ende hat es sicher auch viel mit Glück zu tun, wann und wo man präsent ist. Aber zumindest scheint mir hier ein wichtiger Ansatzpunkt für Selfpublisher zu liegen – der nach meinen Beobachtungen vielen gar nicht klar ist.

 

Der Fehler: Preis hochsetzen.

Mir war es so deutlich auch nicht klar. Und die Reaktion des Ungeheuers Amazon konnte ich natürlich auch nicht voraussehen. Also habe ich nach zwei Wochen Preisaktion letzten Donnerstag den Preis von „Soap“ wieder auf 2,99 hochgesetzt. Da ich am selben Tag mein neues Buch „Nicht von dieser Welt“ mit einem Einstiegspreis von 99 Cent veröffentlich habe, erschien es mir komisch, beide Bücher verbilligt anzubieten. Außerdem hoffte ich, dass es mit 2,99 bei „Soap“ ebenfalls gut weiterging.

Ging es aber nicht. Am ersten Tag mit dem neuen Preis sah es noch toll aus. Ich hatte 18 Verkäufe. Das waren zwar deutlich weniger als die 42 Verkäufe für 99 Cent am Tag zuvor. Aber weil ich ja nun 2 Euro pro Verkauf bekam und nicht nur 34 Cent, verdient ich unterm Strich das Doppelte. Das wäre also ein Erfolg gewesen. Doch dann am Freitag: 7 Verkäufe. Samstag: 7 Verkäufe. Sonntag: 10 Verkäufe. Gleichzeitig fiel der Verkaufsrang unaufhörlich bis fast an die 1000er-Grenze. Was mich nach meinen neuen Erkenntnissen zwar nur noch halb nervös machte, aber als dann auch noch die Beliebtheit leicht sank, wurde mir klar: Das geht alles in die falsche Richtung. Offensichtlich reicht es bei „Soap“ – aus welchen Gründen auch immer – (noch?) nicht dafür, dass die Kindle-Besitzer 2,99 ausgeben.

 

Der Strohhalm

Mail mit Soap-EmpfehlungDas wollte ich nun nicht auf mir sitzen lassen. Und deswegen ist „Soap“ seit letzter Nacht wieder für 99 Cent zu erhalten. Die Umstellung erfolgt diesmal still und leise ohne große Werbung, denn ich will vor allem herausfinden, ob lediglich die Preisumstellung selbst wieder eine Wende herbeiführen kann. Noch hat das eBook einen guten Stand in der Beliebtheitsliste. Was mir gerade heute morgen noch einmal eindrucksvoll bestätigt wurde – denn Gesine von Prittwitz hat eine Empfehlungsmail von Amazon bekommen – mit „Soap“ an erster Stelle!

 

Wenn also die Beliebtheit alleine für so etwas entscheidend ist, müsste es also möglich sein, bei den Verkäufen ungefähr dort wieder anzuknüpfen, wo es letzten Mittwoch so tolle Ergebnisse gegeben hatte. Wir werden es sehen. Ein wichtiger Aspekt für mich ist dabei: Die Beliebtheit basiert auf den durchschnittlichen Verkäufen der letzten 30 Tage. Seit Beginn meiner Preisaktion sind gerade einmal 20 vergangen. Das heißt, zur Zeit gehen in die Rechnung noch 10 Tage ohne Verkaufe mit hinein. Und das wiederum heißt, dass jeder Tag mit mehr oder weniger guten Verkäufen den Verkaufsschnitt und damit die Beliebtheit hebt. Also sollte ich zumindest aus diesen 10 Tagen das Beste machen! Vielleicht ist am Ende ja eine Position möglich, mit der ein Preisanstieg funktionieren würde?

 

Leser sind nicht nur Zahlen

Ganz behaglich ist mir dabei nicht, mit meinem geliebten Buch so herumzuexperimentieren, aber noch weniger behagt mir nach den erfreulichen Momenten der letzten Wochen, dass mein Buch wieder im Nirwana verschwindet und von niemandem gekauft wird. Denn am Ende kann man zwar rumrechnen, wieviel man wie verdient. Und man kann sich auch sagen: Meine Arbeit ist mehr Wert als 99 Cent. Aber wenn ich dann sehe, dass in zwei Wochen mehr als 400 Leute zusätzlich mein Buch gekauft haben – also in vielen Fällen auch lesen werden – dann ist das für mich die Neuigkeit, die mich wirklich glücklich macht. Plötzlich tauchen nach langer Pause wieder Amazon-Rezensionen auf – gleich vier Leser vergaben fünf Sterne. DAS ist doch eigentlich das Brot des Autors.

 

Fazit

Ja, eine Preisaktion kann sich lohnen. Strategisch gut angesetzt und unterstützt durch eine Seite wie xtme.de kann es tatsächlich gelingen, in wenigen Tagen ein deutlich verbesserte Sichtbarkeit herzustellen. Was danach kommt, hängt aber letztlich sehr viel mit einem glücklichen Händchen zusammen. Und natürlich auch damit, wie gut das eigene Buch wirklich ankommt.

Wichtig ist aus meiner Sicht: Das Augenmerk sollte weniger auf den Verkaufscharts liegen als auf der Beliebtheit. Erst wenn man dort sichtbar wird (also sein eBook auch ohne stundenlanges Klicken findet), sieht es auch der Kindle-Nutzer.

Klar ist aber auch: Amazon ist ein Buchverkäufer mit sieben Siegeln. Alles kann jederzeit auch ganz anders als gedacht kommen! Ich werde aber mit meinen derzeit veröffentlichten eBooks versuchen, ein paar Siegel zumindest anzukratzen. Auf jeden Fall berichte ich, wie es mit „Soap“ weitergegangen ist.

 

P.S.: Immer wieder höre ich, dass mein offenes Berichten über meine Schreibarbeit und meine Zahlen vielen Leserinnen und Lesern weiterhilft. Heute würde ich mich einmal sehr darüber freuen, wenn der ein oder andere mich im Gegenzug mit 99 Cent unterstützt – indem er meinen neuen Roman „Nicht von dieser Welt“ bei Amazon kauft und dem eBook den vielleicht entscheidenden Push gibt. Denn natürlich will auch dieses Buch beliebt sein, was das Zeug hält. Umso schöner wird dann der Blogbericht über dessen Verkaufsentwicklung …

 

UPDATE (11.06. – 10:00)

Die Rechnung scheint aufgegangen zu sein: Nach der Umstellung zurück auf 99 Cent wurden gestern sofort wieder 31 Bücher verkauft und “Soap” kletterte bis auf Rang 299. Kann aber auch ein “Mitnahmeeffekt” von “Nicht von dieser Welt” gewesen sein, das gestern einen unfassbaren Tag hatte und zur Zeit auf Verkaufsrang 47 liegt. Mein erstes Mal in den Top 100! Wahnsinn!

 

4 Kommentare

NLPete

Hallo Michael,

vielen Dank, dass Du Deine Beobachtungen und Erkenntnisse teilst.
Ich finde sie sehr interessant und stimme in vielem überein bis auf die Bedeutung der Einnahmen.

Positive Rezensionen sind natürlich sehr angenehm.
Doch ich persönlich finde nicht, dass sie das eigentliche Brot eines Autors sind.
Sondern dass intellektuelle Arbeit mindestens so gut bezahlt werden sollte wie die Arbeit einer Kassiererin im Supermarkt. 😉
Selbst wenn man 100 Exemplare pro Tag verkauft für 99 Cent, nimmt man damit doch nur gerade mal 30 Euro pro Tag ein und das ist einfach viel zu wenig angesichts der Zeit, die für die Erstellung eines Buches aufgewendet werden muss.
99 Cent betrachte ich im Verhältnis zu meinen Einnahmen als IT-Consultant als quasi kostenlos.
Wenn man das Schreiben so wie ich nur als Hobby betreibt, mag das okay sein.
Doch was ist mit den Autoren, die vor allem von ihren Einnahmen aus Buchverkäufen leben wollen oder müssen?
Aus diesem Grund verkaufe ich meine Bücher für einen angemessenen Preis und veranstalte keine Aktionen mit Preissenkungen oder Verschenkungen.
Denn ich möchte diesen Autoren nicht ihr Geschäftsmodell verderben.

Vielleicht bin ich das etwas oldschoolmäßig unterwegs, aber ich finde, dass Leistung sich lohnen soll und neige eher dem subjektiven Empfinden des “Wat nix kost’, is’ nix!” zu.

Liebe Grüße
NLPete

Antworten
Michael

Lieber Pete,

danke für Deine ausführliche Antwort! Der “richtige” Preis für ein eBook ist in der Tat ein zurzeit viel diskutiertes Thema.
Ich sehe das nicht ganz so wie Du:

Erst einmal sind die 99 Cent bei mir immer nur Aktionen. In dem Moment gehe ich nicht davon aus, dass ich mit dem eBook Geld verdiene. Streng genommen (gemessen an den Möglichkeiten) mache ich Verlust. Oder anders ausgedrückt: Ich investiere in Werbung. Sichtbarkeit bei Amazon ist für Selfpublisher im eBook-Bereich die mit Abstand beste Werbemöglichkeit, die meist nur durch Preisaktionen erreicht werden kann. GERADE wenn man Geld verdienen möchte mit seinem Buch und die Sache professionell angeht, sollte man aus meiner Sicht nach dem besten Weg für sein Buch suchen und da ist (besonders für Neulinge) nun einmal der Preis ein extrem starkes Instrument.
Außerdem: Was ist angemessen für meine Arbeit? Warum sind drei Euro oder acht Euro angemessen für eine Arbeit, die mich Monate oder Jahre gekostet hat? So kann man meiner Ansicht nach nicht daran gehen – viel entscheidender ist, was man insgesamt mit dem Buch für Einnahmen erzielen kann …
Liebe Grüße
Michael

Antworten
Axel

Hallo Michael,

auch wenn Dein Blogpost schon älter ist, bietet er weiterhin einen großen Wert.
Vielen Dank für Deinen sehr offenen Umgang mit Deinem “Preisexperiment”!

Viel Erfolg mit Deinen Büchern,
Axel

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