Die Figuren

„It’s alive!“ (Dr. Henry Frankenstein)

Figur Wenn ich im letzten Beitrag mein Vorgehen bei der Entwicklung des Plots beschreibe, dann ist das natürlich nur die halbe Wahrheit. Es gibt keine Plotentwicklung ohne die parallele Entwicklung der Figuren. Bei mir ist dies ein ständiges Hin und Her. Die Geschichte prägt den Charakter der Figuren. Die Figuren verlangen eine bestimmte Richtung in der Geschichte.

Backstory

Guten Figuren brauchen viele Dimensionen. Charakterzüge der unterschiedlichsten Art. Und ich meine nicht eine willkürliche Aneinanderreihung von möglichst vielen Eigenschaften, sondern stimmige Kompositionen. Wenn ich in meinem neuen Buch eine Hauptfigur habe, die „möglichst schnell erwachsen werden“ will, dann ist das schon ein guter Start, weil Ungeduld und Reife per se ein Widerspruch sind, aber in dieser Konstellation absolut Sinn machen. Noch mehr Dimensionen und vor allem mehr Tiefe gebe ich den Figuren, wenn ich ihnen eine reichhaltige Backstory gebe. Für meine Hauptfigur kenne ich mittlerweile Mutter, Oma und Uroma, weil alle auf ihren heutigen Charakter Einfluss haben. Vielleicht spielt das in der Handlung später nur eine untergeordnete Rolle oder ich habe sogar Details festgelegt (wie stand die Uroma zu Hitler?), die nie jemand erfahren wird. Aber sie geben mir zusätzlichen Lehm in die Hand, um eine interessante Figur zu formen.

Aus meinem Leben schöpfen

Bei allen Vanessa-Mansini-Romanen wende ich bei der Entwicklung der Figuren wieder den schon bekannten „Trick“ an: Ich schöpfe stark aus meinem eigenen Leben. Nicht zufällig ist in fast jedem Buch jemand in der Filmbranche beschäftigt. Diesmal wird eine Schauspielerin dabei sein. Auch bei anderen Berufen, Erlebnissen oder Familienkonstellationen schöpfe ich gnadenlos bei mir selbst und auch bei den Menschen, die ich kenne und denen ich gerne zuhöre. Nichts und niemand ist da sicher. Wobei es kaum jemanden gibt, der sich wiedererkennt. Denn die Kunst ist ja gerade, aus den verschiedenen Versatzstücken unterschiedlicher Leben eine Figur zu erschaffen, die es genauso geben könnte.

Eigenleben

Wenn das alles klappt. Wenn der Reichtum, die Backstory, die Verknüpfungen greifen, dann bekomme ich nicht selten tatsächlich lebendige Figuren. Die dann an bestimmten Stellen der Geschichte plötzlich etwas ganz Anderes verlangen als das, was für sie geplant war. Als Autor sind dies – trotz zusätzlicher Arbeit durch Umstrukturierungen – die schönsten Momente beim Schreiben. Ich lege fest, dass zwei Liebende sich kriegen sollen, aber die wollen partout nicht. Man spürt es einfach. Auch wenn man alles nach Plan bis zu einem bestimmten Punkt geschrieben hat, stehen die jetzt da und sagen „Nein“. Das imponiert mir. Mittlerweile gehe ich schon nur noch lose Verabredungen mit meinem Plot ein und verbeiße mich bloß nicht. Denn ich weiß, dass der Punkt jederzeit kommen kann, dass diese üblen Figuren die beste Idee von allen, die eine Szene, auf die ich mich von Anfang an gefreut habe, mit einem selbstgerechten Auftritt zunichtemachen. Als Autor ist man gut beraten, auf seine Figuren zu hören.

Namen sind mehr als Schall und Rauch

Nicht zu unterschätzen, ist die überlegte Auswahl der Figurennamen. Gerade bei der Hauptfigur verbringe ich damit beträchtliche Zeit auf Namenwebsites, um auf solche Sachen wie Trixi oder Undine zu kommen. Dabei geht es nicht um einen möglichst schrägen Namen, sondern um etwas, dass von Anfang an der Geschichte und damit dem Leser hilft. Bei dem neuen Roman hat sich in Teamarbeit mit meiner Facebook-Gruppe bereits der perfekte Name für die neue Hauptfigur gefunden: Hermine. Spontan werden viele jetzt sagen, dass das nicht so toll ist, weil dann doch jeder gleich an Harry Potter denkt. Eben! Ich erzähle die Geschichte einer Frau, die ins Koma fiel, als der Name Hermine noch sehr ausgefallen und lediglich eine Hommage an ihre Urgroßmutter war. Und wenn sie nun aufwacht, spricht sie jeder Depp gleich auf Harry Potter an, von dem sie noch nie etwas gehört hat. Genau das ist ihre Geschichte in komprimierter Form. Und daher ist für mich der Name optimal.

Stand der Dinge

Beim Projekt Backstage bin ich nun also soweit, dass der ganz grobe Plot – vor allem Anfang und Ende – steht. Ebenso bereit zum Auslaufen sind die wichtigsten Figuren. Ich habe sogar eine Playlist mit Liedern aus dem Jahr 1996 erstellt. Langsam aber sicher nähern wir uns der Schreibphase …

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