Im falschen Film - Staffel 3

Im falschen Film 3

Klappentext

Es ist ein Jahr vergangen, seit Trixi bei einem Unfall ihre Erinnerungen verloren hat. Sie hat ihren Frieden mit der Amnesie gemacht und schaut nach vorne. Nur noch die Liebe ihres Lebens und ihr Baby zählen. Doch als sich ihr verschollen geglaubter Vater meldet, stolpert sie sofort wieder ins nächste Chaos voller Intrigen und ungelöster Rätsel. Dabei stößt sie auf dunkle Familiengeheimnisse, die niemand je erfahren sollte …

 

 

Leseprobe

Und hier gibt es das erste Kapitel von Band 3 als Leseprobe.

1

Als ich aufwachte, sah ich ihn. Den Mann, den ich liebte, immer geliebt hatte und für den Rest meines Lebens lieben würde. Tom.
Er saß neben mir am Bett, hielt meine Hand und staunte das kleine Bündel Leben an, das auf meinem nackten Bauch lag. Meine Atemzüge hoben und senkten den zerbrechlichen Körper des Mädchens. Sie schlief. Genau wie ich war sie nach der Geburt eingenickt. Tom sah, dass ich nun wieder aufgewacht war. Er schaute mich mit diesem beredten Lächeln an, das sagte: Ein Wunder! Und: Wir haben es geschafft! Liebe durchströmte mich. Liebe zu Tom. Liebe zu meiner Tochter. Unsere Hände drückten sich. Es war …
„Guten Morgen! … Dann gucken wir doch mal!“
Die Tür war plötzlich aufgeflogen und eine kräftige Hebamme, die ich nicht kannte, erschien in dem kleinen Krankenzimmer, in dem ich zwischengelagert wurde. Mehrfach hatte man mir vermittelt, dass ich mir eine denkbar ungünstige Nacht für die Geburt „ausgesucht“ hätte, denn der Kreißsaal war rappelvoll. Entsprechend waren wir von immer wieder anderen Leuten betreut oder auch mal vergessen worden. Ohne Tom, der mit seiner geduldigen und charmanten Art stets jemanden hatte zu uns locken können, wäre ich durchgedreht. Trotzdem hatte ich mich noch nicht daran gewöhnt, dass ständig wildfremde Frauen zu mir kamen, ansatzlos mein Krankenhausleibchen hochrissen und „mal guckten“.
„War gerissen, mh?“, sagte die Frau, während sie meinen Intimbereich inspizierte. „Wird aber!“
Sie lächelte mich professionell an, schaute kurz auf mein kleines Wunder und dann auf unsere Unterlagen, die am Ende des Bettes lagen.
Tom war genauso überrumpelt wie ich. Wie immer hatte er sich bei meiner Entblößung diskret ans Kopfende des Bettes bewegt. Das hatte er mir vor der Geburt angekündigt: Er wollte nicht genau sehen, was da unten passierte. Bei den Geburten von Aiden und Ava hatte er einiges gesehen, was das Sexleben von ihm und Viktoria nachhaltig negativ beeinflusst hatte. Nicht weil es ihm, sondern weil es ihr unangenehm gewesen war. Denselben Fehler wollte er nicht noch einmal begehen. Auch wenn ich nie ein Fan von Vergleichen mit Viktoria war, schon gar nicht in diesem Bereich: Nach dem, was in den vergangenen vier Stunden alles passiert war, schätzte ich die Taktik.
„Nicht wundern, wenn die Blutung …“, sagte die Hebamme. „Ach, Sie haben schon ein Kind. Dann kennen Sie das.“
Sie hatte offensichtlich in meinem Mutterpass den Eintrag gefunden, dass ich vor „circa fünfzehn Jahren“ schon einmal ein Mädchen zur Welt gebracht hatte. Deswegen stoppte sie nun jegliche weitere Erklärung und begann, die Bremsen an meinem Bett zu lösen.
„Wir haben jetzt ein Familienzimmer auf der Wochenbettstation für Sie …“
Tom hatte Mühe, nicht im Weg zu stehen und sich gleichzeitig aus der Gefahrenzone zu halten. Mir ging das zu schnell.
„Wowhow! Langsam!“, rief ich. „Was wollten Sie gerade sagen? Wegen der Blutung? ,Nicht wundern, wenn die Blutung …‘?“
„Die Blutung nach der Geburt.“
„Was ist mit der?“
„Ach! Sie haben die letzte Geburt vergessen, ja?“
Sie grinste, als ob sie mich ertappt hätte. Woher wusste sie das? Stand das auch in meinen Unterlagen?
„Ich habe alles vergessen.“
Die Hebamme schien das – anders als die meisten Menschen – nicht sonderlich zu überraschen. Sie hatte mittlerweile die Tür zum Flur geöffnet, auf dem trotz der nächtlichen Stunde reges Treiben herrschte.
„Dass man die Geburtsschmerzen vergisst, ist mal eine kluge Einrichtung der Natur“, sagte sie schmunzelnd. „Würde man sich an all das erinnern, würde niemand ein zweites Kind bekommen.“
„Daran liegt’s bei mir aber nicht. Ich hatte letztes Jahr einen Unfall und leide unter einer Amnesie.“
Nun war sie – genau wie die meisten Menschen – dann doch überrascht. Und stellte die Fragen, die ich nur zu gut kannte.
„Wie? Sie können sich an überhaupt nichts erinnern?“
„Nichts vor letztem Dezember.“
„Das ist aber komisch.“
‚Komisch‘ hätte ich persönlich es jetzt nicht genannt.
„Und … Sie können sich auch nicht an Ihren Mann erinnern?“
Sie deutete auf Tom. Wir standen halb in der Tür. Eigentlich war mir nicht nach Plaudern zumute. Ich wollte einfach nur mit meinem Mann und meiner Tochter alleine sein.
„Doch, den habe ich erst nach dem Unfall … so richtig kennengelernt.“
Tom und ich lächelten uns vielsagend an.
„Und Ihre große Tochter? Die haben Sie nicht wiedererkannt? Ist das nicht komisch für die?“
„Sie kennt mich nicht. Bis vor ein paar Monaten wusste ich nicht einmal, dass es sie gibt.“
„Das ist aber wirklich komisch!“
Gut, dann war es halt ,komisch‘. Sonst wurde meine Amnesie eher als ,krass‘, ,abgefahren‘ oder ,unglaublich‘ bezeichnet, aber eigentlich war mir das mittlerweile egal. Diese Geschichte und die Reaktionen der Menschen waren ein fester Bestandteil meines Lebens. Ich hatte mehr oder weniger meinen Frieden damit gemacht.
„Dann müssen Sie jetzt sozusagen Ihr ganzes Leben … neu erkunden?“
„Habe ich am Anfang versucht. Aber mittlerweile … Ich schaue lieber nach vorne.“
Das stimmte wirklich. „Erkunden“ war für mich durch. Ich freute mich auf alles, was nun kommen würde. Ein neues Leben begann mit Tom und dem kleinen Wunder.
„Komisch“, sagte die Hebamme noch einmal und sah sehr nachdenklich aus.
„Was ist denn jetzt mit der Blutung?“
Die Hebamme zögerte, hob plötzlich unvermittelt noch einmal mein Leibchen hoch, weswegen Tom – der beim Schieben des Bettes hatte helfen wollen – sofort zur Seite hüpfte.
„Die Blutung wird noch recht stark sein. Das muss Ihnen keine Sorge machen. Wir Frauen können einiges wegstecken.“
Das konnte ich nach dieser Nacht unterschreiben. Ich hatte mal irgendwo gelesen, dass man Männern eine Geburt am besten so erklärt: „Das ist, wie wenn du einen Backstein quer kacken würdest.“ Über den Flur hörte ich die Schreie von mindestens zwei Frauen, die das mit Sicherheit bestätigen konnten.
Die Hebamme schob mich nun nach draußen. Um zu verhindern, dass wir gegen irgendwelche Ecken stießen, hüpfte Tom, beladen mit unseren Taschen, ein weiteres Mal um das Bett herum. Die Hebamme beobachtete ihn dabei.
„Was machen Sie da eigentlich die ganze Zeit?“, fragte sie ihn kritisch.
Ich war schneller mit meiner Antwort: „Er macht alles richtig!“

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