Ich werde ja immer wieder gefragt, wie das denn eigentlich so ausschaut, wenn ich die Drehbücher für die „Lindenstraße“ schreibe. Hier die Antwort:
Vom Betrachter aus gesehen links neben mir auf dem Schreibtisch liegen die Storylines der Folge, an der ich gerade arbeite – es müsste Folge 1445 sein. In den Storylines sind die jeweils drei Erzählstränge einer Folge noch unabhängig von einander aufgeschrieben worden – wie drei Exposés. Deswegen schneide ich die Texte auseinander und bastle mir die Reihenfolge der Szenen für das Drehbuch, so wie ich sie für am Besten halte – dann mit allen drei Strängen durchmischt. Ganz am Ende liegt natürlich der Cliffhanger. Ich hoffe sehr, dass man auch in der Vergrößerung des Bildes kein Wort lesen kann, sonst bin ich meinen Job los …
Neben den Storylines weitere wichtige Artefakte: Fernbedienungen für den Fernseher und den DVD-Player, um ggf. einmal in ältere Folgen reinschauen zu können, wenn ich daraus etwas wissen muss. Häufiger werden sie allerdings verwendet, damit mein Sohn „Shaun, das Schaf“ gucken kann. Manchmal die einzige Möglichkeit zu arbeiten, wenn er zu Hause ist. Wobei das auch nur begrenzt hilft, denn ich gucke selbst viel zu gern „Shaun, das Schaf“. Für meinen Sohn sind übrigens auch die hässlichen Klebedinger an den Ecken des Schreibtischs gedacht – das ist ungefähr seine Kopfhöhe.
Unter dem Schreibtisch befindet sich keine Altpapiersammlung, sondern die Pakete mit den Drehbuchstaffeln. Solche Pakete gibt es mindestens sechs Mal im Jahr, da es zwei Mal drei Drehbuchfassungen gibt. Ein Paket ist noch ungeöffnet – die neuesten Fassungen der Kollegen muss ich noch lesen.
Zwischen Storylines und Computer liegt eine DVD mit dem Titel „Who is who – März 2012“. Darauf ist in Textform bzw. in Tabellen ALLES gespeichert, was es über die „Lindenstraße“ zu wissen gibt. Jeder Auftritt jeder Figur. Alle biographischen Daten, die gegenseitigen Anreden, die Öffnungszeiten der Geschäfte usw. Es gibt dann noch eine zweite DVD (wahrscheinlich IM Computer) mit 3-D-Grundrissen aller Motive.
Rechts neben dem Computer liegt vor einem Bild meiner Frau ein Headset. Nicht gerade selten muss ich während Telefonaten mit den Kollegen oder der Produktion Drehbücher aufrufen oder gar sofort ändern – da haben sich freie Hände beim Telefonieren bewährt. Genauso hilfreich sind sie, wenn man während langweiliger Telefonate im Internet surfen will. Direkt neben dem Headset ein Stapel unerledigter Post und ähnliches.
Hinten auf meinem Drucker liegt der neueste Kicker, den ich wieder einmal nicht gelesen bekomme. Da bin ich sicher. Daneben auf dem Schreibtisch stapelweise Hinweise zu den Storylines, die bei der Arbeit berücksichtigt werden müssen. Von Anmerkungen seitens der WDR-Redaktion bis hin zu Recherchen zu den wichtigen Themen der neuen Folgen. Davor der schwarze Kasten ist eine externe Festplatte, die verhindern soll, dass ich noch einmal geschriebene Szenen verliere, wenn mein Computer den Geist aufgibt (wie vor wenigen Wochen geschehen).
Schließlich an der Wand hinter mir: Impressionen von meiner Arbeit im letzten halben Jahr. Zeitungsartikel über den Gewinn des taz-Wahrheitspreises und meine Blogfiction; Fotos vom Filmfest in Biberach, die Marie-Luise Marjan mir geschickt hat; eine ausgedruckte (positive!) Kritik zu meinem Fernsehfilm „Dann kam Lucy“, der kürzlich in der ARD lief; Bilder aus Sambia für das Spielfilmprojekt “The Smoke That Thunders“, an dem ich derzeit nebenher arbeite.
So schaut es also aus, wenn ich Drehbücher für die „Lindenstraße“ schreibe.
Glückwunsch zum gelungenen Blog-Start! Auch mit mobilen Browsern sehr angenehm zu lesen dank des automatischen Zeilenumbruchs – da haben Sie ein praktisches Layout gewählt…
In der Hoffnung, dass Sie auch gelegentlich Zeit finden werden, das Ding zur Freude Ihrer Leser mit viiiiieeeelen Inhalten zu füllen 😉
Herzliche Grüße aus Ostholstein –
Meikel & Damaris
Danke. Und Ihr ward wieder die ersten Kommentatoren wie auch schon bei Vanessa X. Eine schöne Tradition!
Coooool, sehr schön und interessant ge- und beschrieben über Deine Arbeit als Autor in der Lindenstraße! Freu mich schon auf Fortsetzungen! 🙂
Danke! Und Fortsetzen gehört ja quasi zu meinem Berufsbild … 🙂
folge 1445 sehen wir dann im august 2013, wenn ich richtig überschlagen haben.
Richtig!
werden die drehbücher immer ca. ein jahr im voraus geschrieben?
Ein bis eineinhalb Jahre …
Oh, meine Güte, da weißt du also schon seit ein einhalb Jahren das, was ich mich jede Woche über die nächste Folge frage… bin nicht sicher, ob ich tauschen möchte 🙂
Vielen Dank für den Blick hinter die Kulissen. Vielleicht kann man sich hier im Laufe der Zeit noch den einen oder anderen organisatorischen Tipp anlesen. Das Arbeitszimmer sieht ja schon sehr gut sortiert aus. 😉
Beeindruckend: “DVD mit dem Titel „Who is who – März 2012“. Darauf ist in Textform bzw. in Tabellen ALLES gespeichert, was es über die „Lindenstraße“ zu wissen gibt. Jeder Auftritt jeder Figur. Alle biographischen Daten, die gegenseitigen Anreden, die Öffnungszeiten der Geschäfte usw.”
Genial. So kann man arbeiten. Und das Arbeitsgerät ist ein Apple – sehr löblich. 🙂
Ich freue mich schon auf weitere Folgen!
Schreibst Du immer nur auf einem Laptop? Ich glaube, der wäre mir auf die Dauer zu klein.
Mach ich schon mein ganzes Autorenleben lang, kann’s mir gar nicht anders vorstellen. Da ich oft unterwegs bin und wir ja z.B. auch auf den Storylinesitzungen schreiben, wäre alles andere zu umständlich …
Sehr interessant geschrieben. Wie lange schreibt man an einem Buch?
Das ist sehr unterschiedlich und kann man nicht genau sagen, weil es ja ein Prozess über Monate ist mit mehreren Fassungen.
Ich seh schon: Es gibt genügend Themen für den Blog. Werde sicher in meinen zukünftigen Postings auf alle Fragen ausführlicher eingehen …
Ah, ein Blog über die Arbeit an Drehbüchern der Dauererfolgsserie “Lindenstraße”. Da werd ich doch mal meinen Feedreader füttern. 🙂 Viel Glück!
Wow so toll!! Freu mich total, ist voll interessant :-), super gemacht
Das ist ja schön, dass es wieder einen neuen Blog von Dir gibt – und diesmal ganz real :-). Bin sehr gespannt und freue mich auf Fortsetzung, denn ich mag sowohl die Lindenstraße (natürlich :-)) als auch Deinen Erzählstil gern.
Ich beneide zudem Deinen ordentlichen Schreibtisch – das ist etwas, das ich trotz starken Bemühens (ehrlich!) nicht hinbekomme.
LG
Hallo Michael , Wow, dein Blog und der Einblick in deine Arbeit im Bezug auf meine heissgeliebte Serie gefällt mir sehr sehr gut !
Nimmst du auch Vorschläge und Ideen der Fans entgegen ?
Liebe Grüße von einem Lindenstrassenfan der 1. Sekunde !
Danke!
Ideen für den Blog oder für die “Lindenstraße”? 🙂
Bin für beides offen, wobei das bei der Lindenstraße erst wieder im Herbst vor unserer nächsten Storylinesitzung relevant wäre …
🙂 Na 🙂 Für die Lindi natürlich !
Hi, schreib doch mal was über Kaffeekonsum beim Arbeiten und über das erste Ransetzen am Tag.
Ei,
das find ich ja cool dass wieder ein nuer Blog da ist 🙂
Übrigens zum Kicker lesen hab ich die Lösung, lege es auf die Toilette, da haste alle Ruhe zum lesen, hier oft die einzige Möglichkeit ^^
Liebe Grüsse Silvi
Da liegt schon die Gala … 🙂
Love.
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Wie lange verfolgst du denn schon privat die Lindenstrasse? Bist du auch damit aufgewachsen?
Schöner Blog!
Gruß von einem Fan der 1. Stunde 🙂
Darf ich dir für die Schreibtischarbeit eine externe Tastatur ans Herz legen? Das ist deutlich entspannender für die Arbeit dort.
Aber ich bin doch gar nicht verspannt bei der Arbeit … 🙂