Eigentlich sollte „Nicht von dieser Welt“ nie ein Buch werden. Eigentlich. Der Kindle-Bestseller der letzten Wochen hat eine durchaus ungewöhnliche Entstehungsgeschichte, die hier nun ausführlich geschildert werden soll. So ausführlich, dass es dafür gleich drei Teile braucht. Heute erzähle ich im ersten Teil:
Wie Vanessas Blog entstand
Schon seit einigen Jahren denke ich, dass das Internet uns Autoren spannende neue Möglichkeiten bietet, die noch lange nicht ausgeschöpft sind. Für mich ist es nach wie vor eher so wie in den Anfängen des Fernsehens, als man erst einmal Radiosendungen oder Theaterstücke abgefilmt hat. Noch immer dominieren im Internet herkömmliche Texte oder Filmchen. Dabei könnte man besonders auf fiktiver Ebene wunderbar mit der Vermischung von Medien, mit Interaktivität, Verlinkungen und Handlungen an unterschiedlichen „Orten“ der Netzwelt neuartige Geschichten erzählen.
Im Sommer 2011 hatte ich dann endlich einmal etwas Zeit. Nach einer kleinen Rundedurch die Social-Media-Welt – seitdem twittere ich zum Beispiel – entschied ich spontan, einfach mal etwas „im Internet“ auszuprobieren. Ich wollte einen fiktiven Blog schreiben. Schnell fand ich heraus, dass es unter dem Begriff „Blogfiction“ noch so gut wie nichts gab – schon gar nicht im deutschsprachigen Raum. Mir gefiel es, Pionier zu sein. Also machte ich mich mit der Blog-Software WordPress vertraut und bastelte mir mit Hilfe meines genialen Nachbarsohns und einem Urlaubsfoto eine einfache Blogseite mit dem schönen Namen „Vanessa X.“. Wichtig war mir von Anfang an, dass man den Blog als fiktiv wahrnimmt. Es gab bereits diverse bekannte Fake-Blogs wie Lonelygirl15 und Amina aus Syrien, die aber vor allem dadurch funktionierten, dass man sie für echt hielt. Vanessa sollte Unterhaltung sein. Deswegen gefiel es mir, als Mann eine weibliche Hauptfigur zu schreiben und – das war dann sozusagen idiotensicher – einen Außerirdischen auftauchen zu lassen. Seht her: Fiktion!
Am 27. Juli 2011 ging der erste Blogeintrag online. „Welt: Steht Kopf!“. Ich warb dafür bei meinen bis dahin eher bescheidenen Social-Media-Kontakten und stürzte mich sogleich in das kontinuierliche Schreiben des Blogs. Die Erzählwelt war denkbar einfach gehalten, denn ich musste es „nebenbei“ schaffen können. Neben der Arbeit, neben der Familie. Also war Vanessa relativ nah an meinem eigenen Leben aufgestellt: Mein Sohn war damals wenige Monate älter als Vanessas Sohn. Meine Frau war wenige Monate weiter in ihrer Schwangerschaft als Vanessa. Meine Hauptfigur wohnte – genau wie wir – in einer neuen Wohnung im Bergmannkiez in Berlin und sie erlebte Dinge, die von unseren Erlebnissen nicht weit entfernt waren. Natürlich waren wir in unserer Beziehung weit glücklicher als Vanessa, und ich bin auch nicht so ein Stoffel wie Vanessas Ehemann Konstantin, aber gerade die Details ihres Lebens konnte ich gut aus dem unsrigen speisen – von ernsten Themen wie der Nackenfaltenmessung in der Schwangerschaft bis hin zu den Fußballspielen, die Konstantin schaute.
Das nahm teilweise sehr witzige Ausmaße an. Eines Tages stand zum Beispiel bei uns im Hof eine alte Spülmaschine und keiner wusste, wem sie gehörte. Über Wochen räumte sie niemand weg. Anderer Müll wurde dazu gestellt. Sie stand im Weg. Also baute ich die Spülmaschine als Ärgernis für Vanessas nervige Nachbarin Frau Bieber in meinen Blog ein. Mit Foto. Einen Tag später war das Ding weg – und mein Nachbar outete sich als Übeltäter. Sein Sohn hatte im Blog davon gelesen und gesagt: „Wir müssen was tun – die Spülmaschine ist schon im Internet!“ Wann immer ich die Möglichkeit hatte, ein neutrales Foto (also ohne meine Kinder oder meine Frau) für den Blog zu benutzen, schoss ich es und spann eine Geschichte drum herum. Das machte die Arbeit für mich einfacher, zusätzlich wurde die Geschichte dadurch authentischer und auch einzigartig.
Im zweiten Teil berichte ich darüber, wie der neuartige Blog ankam und warum er zwischenzeitlich eingestellt werden musste …
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Tolle Idee, tolles Buch, macht viel Spaß
Oh, hier in der Straße gibt es einen Nachbarn, der noch viel schlimmer ist als Frau Bieber. Meine Glaskugel sagt, der hat das Zeug zum Bestseller 😉